Sie brennt für Forschung und Entwicklung und sie zieht gerne an den Strippen – davon zeugt Karin Schaupps lange und glänzende Karriere an der Schnittstelle von Wissenschaft und Wirtschaft.
Text: Uschi Sorz
Wir leben in unglaublich spannenden Zeiten“, sagt Karin Schaupp. „Noch vor 20 Jahren sahen Forschung und Innovation ganz anders aus als heute. Der Schub, für den Digitalisierung und künstliche Intelligenz hier gesorgt haben, ist gewaltig.“ Dass sich ein großer Teil ihres Berufslebens am Puls solch umwälzender Entwicklungen abspielte, bezeichnet die 74-Jährige als ihr großes Privileg. Im wissenschaftlichen Umfeld gestaltet sie schon lange kräftig mit, seit 2003 als selbstständige Unternehmensberaterin mit Schwerpunkt Wissenstransfer und Strategieentwicklung im Lifesciences-Bereich. Überdies ist sie im Aufsichtsrat von AT & S, der Salinen Austria AG und des RCPE (Research Center Pharmaceutical Engineering) sowie im wissenschaftlichen Beirat der Joanneum Research Forschungsgesellschaft aktiv. Forschung den Weg zum Wirtschaftsmotor zu bahnen, ist quasi die Kernkompetenz der Steirerin.
Pionierin ohne Brimborium
An der Schnittstelle von Wissenschaft und Wirtschaft agierte sie schon früh: Nach einem Jahr als Universitätsassistentin begann die promovierte Pharmazeutin beim Gesundheitskonzern Fresenius Kabi, wo sie alsbald leitende Positionen übernahm und die Karriereleiter konsequent bis zur Geschäftsführerin und in den Vorstand emporklomm. Vor dem Sprung in die Selbstständigkeit trug sie dort für sämtliche Produktbereiche die weltweite Verantwortung für Forschung und Entwicklung, strategisches Marketing und Business-Development. Später – von 2013 bis 2023 – war sie Vorsitzende des Universitätsrats der TU Graz. Für ihre Verdienste in den zwei Funktionsperioden hat ihr die TU Graz im Vorjahr ihre höchste Auszeichnung, den Erzherzog-Johann-Ehrenring, verliehen. Ob sie sich als Pionierin in einer Männerdomäne sieht? „Es stimmt, ich war meist überall die erste Frau“, resümiert Schaupp. „Für mich war das aber kaum ein Thema, da nie viel Brimborium darum gemacht wurde.“ Stattdessen sei sie oft Menschen begegnet, die ihr Potenzial erkannt hätten. „Für eine Laufbahn wie meine muss man natürlich auch fleißig, ehrgeizig und gut ausgebildet sein und sich trauen, Verantwortung zu übernehmen. Was mich aber besonders angetrieben hat und ebenfalls wichtig ist, ist die Freude am Gestalten. Ich glaube, der Gestaltungswille ist in meiner DNA verankert.“
Plädoyer für höhere Start-up-Quote
Mit der Innovationslandschaft Österreichs zeigt sich die Wissenstransfer-Expertin grundsätzlich zufrieden. „Dass unser Land nur durch Innovationen wettbewerbsfähig bleiben kann, ergibt sich aus der Kleinheit des Binnenmarkts“, unterstreicht sie. „Für die Zusammenarbeit von Wirtschaft und Wissenschaft hat das Universitätsgesetz von 2002 jedenfalls viel gebracht.“ Förderungen, Clusterbildungen und kooperative Forschungszentren wie COMET hätten außerordentlich positive Impulse gesetzt. Ebenso hätten die Unternehmen den Wert der Bündelung von Know-how erkannt. „Nicht nur als Absichtserklärung, das wird tatsächlich gelebt.“ Vor allem die Automobil- und Mikroelektronik-, aber auch die Lifesciences-Branche gingen hier voran.
Kritisch beurteilt Schaupp allerdings die zu geringe Quote an Spin-offs, sprich Ausgliederungen von Universitäten und akademischen Einrichtungen, sowie Start-ups von Wissenschaftlern. „Hier sind wir auf halbem Weg steckengeblieben. Österreich hat zwar gute Systeme zur Gründung solcher Start-ups etabliert, aber es mangelt an Risikokapital für die großen Schritte.“ Was sie darauf zurückführt, dass Sicherheitsdenken hierzulande vor Unternehmergeist stünde. Dies berge die Gefahr, dass heimische Innovation ins Ausland abwandere. „Wir sollten aufpassen, dass wir uns unsere bisherigen, durch die Innovationskraftförderung angestoßenen Erfolge nicht durch Überregulierung und Überbürokratisierung zunichtemachen.“ Investitionen bräuchten Anreize. Privat ist Schaupp eine große Musikliebhaberin. Einst wollte sie Opernsängerin werden, hat sich aber an einer Weiche zwischen Gesangs- und Pharmaziestudium für Letzteres entschieden. „Ich sah hier mehr Chancen, an die Spitze zu kommen.“ Die Rechnung ist aufgegangen.