Bouteille-Renditen

Die Spitzenweine berühmter Güter bleiben weiter heiß begehrt – und werden auch nicht billiger.
Die Spitzenweine berühmter Güter bleiben weiter heiß begehrt – und werden auch nicht billiger.

Edle Weine als Investment: Wer auf den richtigen Tropfen setzt, vermehrt sein Vermögen. Doch geht diese Rechnung noch auf – oder lässt das veränderte Genussverhalten junger ­Generationen den Status der Fine Wines als stabile Anlage bröckeln?  Text: Jasmin Reif-Medani

Spitzenweine aus aller Welt ­gelten als Klassiker unter den Anlageformen. Die jüngsten Entwicklungen im Markt der edlen Tropfen deuten jedoch auf eine gewisse Volatilität hin: Die jungen Erwachsenen der Generation Z (geboren ab 1995) konsumieren im Durchschnitt deutlich weniger Wein als ihre Vorgänger, und die Preise für aktu­elle Jahrgänge manch exklusiver Weine kom­men nicht an das Niveau vergangener ­Jahre heran. Lohnt es sich trotz dieser Markt­­entwicklungen, in Wein zu inves­tieren – oder schwindet die Hoffnung auf langfristige Profitabilität für sogenannte Fine Wines?

Trend zum Alkoholverzicht

„Cool Sober Drinking“, „Mindful Drinking“ oder „Dry January“: Die Veränderung der Trinkkultur bei Men­schen unter 40 Jahren hat viele Namen und Ausprägungen. Wer in dieser Gene­ration hip sein möchte, genießt häufig alkoholfrei und setzt auf ent­alkoholisierte Getränke oder „Mock­tails“ statt Cocktails. Immer mehr Weingüter und Schaumwein­hersteller ergänzen ihr Sortiment um neue Produkte ohne Alkohol, um dieser Nachfrageentwicklung zu entsprechen. Das „NoLo“-Segment – No oder Low Alcohol – im Getränkemarkt wächst seit Jahren konstant und wird laut Schätzungen von Experten, wie dem Analyseunter­nehmen IWSR, bis 2027 weltweit um sechs Prozent jährlich zunehmen. Zu­gleich sinken Produktion und Konsum von Wein auf globaler Ebene, wie etwa der jüngste Jahresbericht der Internationalen Organisation für Rebe und Wein (OIV) zeigt: Die weltweite Erzeugung befand sich im Vorjahr auf dem niedrigsten Niveau seit mehr als 60 Jahren, auch in Österreich betrug der Rückgang satte 8,8 Prozent. Jedoch gilt auch: Wer heute Wein kauft, erwartet höhere Qualität – gleichzeitig sind die Konsumenten bereit, für bessere Produkte mehr zu bezahlen.

„Wir haben eine natürliche Phase der Neuausrichtung durchlaufen.“ – John Kapon – Chairman Auktionshaus Acker
„Wir haben eine natürliche Phase der Neuausrichtung durchlaufen.“ – John Kapon – Chairman Auktionshaus Acker

Der Luxusmarkt wächst

Noble Weine scheinen als Geldanlage ­global dennoch hoch im Kurs zu bleiben. So weist ein aktueller Bericht von Bain & Company und Altagamma einen Wert von 30 Milliarden Euro für den globalen Markt der Fine Wines im Jahr 2024 aus. Das Segment der hoch­wertigen Weine macht laut diesem „Fine Wines and ­Restaurants Market Monitor“ zwar nur 1,5 Prozent der weltweit kon­sumierten Weinmenge aus, beansprucht jedoch elf Prozent des Gesamtwerts am globalen Weinmarkt. An diesen Zahlen lassen sich sowohl das hohe Preisniveau als auch die Exklusivität der edlen Tropfen ablesen. Exquisiter Wein ist neben Mode, Schmuck und Uhren zu einem Teil des Luxusmarkts geworden.

Denn Premi­umweine erfüllen mehrere Funktionen, sagt Claudia D’Arpizio, zuständige Partnerin bei Bain & Company: „täglicher Genuss für wohlhabende Personen, das Feiern besonderer Momente für zahl­reiche Konsumenten ebenso wie ein geschätztes Investment für Sammler“.

Spannung für Sammler

Für Sammler und Weinliebhaber in Zen­traleuropa eröffnet sich mit der Expansion des internationalen Auktionshauses Acker nun auch in hiesigen Gefilden eine neue Chance, besondere Weinraritäten nicht nur bei Onlineauktionen, sondern auch direkt bei Veranstaltungen zu erwerben. Nach dem Startschuss mit der ersten Live-Auktion in Zürich im Juni sind ab 2026 zwei bis vier exklusive Auktionsevents pro Jahr geplant. „Wir sind schon seit einiger Zeit in Großbritannien vertreten und möchten das Auktionserlebnis jetzt Sammlern in ganz Europa zugänglich ­machen, die anspruchsvoll, leidenschaft­lich und zunehmend bestrebt sind, am glo­balen Markt teilzunehmen“, erklärt Acker-Chairman John Kapon. Das Auk­tionshaus ortet in Europa „eine neue Generation von Sammlern“, die es zu be­dienen gilt: „Sie sind digital versiert, informiert und richten ihren Fokus auf Herkunft und Er­fahrung – gleichzeitig verfeinern ­lang­jährige Sammler ihre Weinkeller, ver­kaufen selektiv und re­investieren in ihre Lieblingsweine. Die Sammler legen heute Wert auf Transparenz und partnerschaftliches Miteinander. Es geht nicht mehr nur um Transaktionen, sondern auch um Ver­trauen, Verbundenheit und langfristiges Engagement.“

Der Wandel im Konsumverhalten verändert auch das Sammeln – zumindest auf qualitativer Ebene, wie John Kapon be­stätigt: „Während sich der Weinkonsum der jüngeren Generationen insgesamt verändert, beobachten wir in der Welt der ­edlen Weine junge Fachleute, die mit Sinn sammeln und Wert auf Geschichten legen: über Winzer, Weinberge und Jahrgänge. Was sich ändert, ist nicht nur, was sie ­kaufen, sondern auch, wie und warum Menschen sammeln. Wir reagieren da­rauf, indem wir Erlebnisse schaffen – Ver­kos­tungen, Abendessen, Ausflüge –, die Menschen eine emotionale Ver­bindung zum Wein vermitteln.“ Die Zukunft werde daher „nicht weniger Sammler, sondern mehr leidenschaftliche und engagierte“ bringen.

Mit Reife punkten

Die Preisentwicklung im Markt für er­lesene Weine präsentierte sich jüngst wech­selhaft: Während der Pandemie zeigte die Kurve für seltene Tropfen bergauf, um besonders 2024 für manchen Spitzenwein jäh zu sinken. Trotz dieser Dynamik gelten Fine Wines als vielversprechende Investition, denn langfristig befindet sich der Markt der edlen Weine im Wachstum. „Wir haben eine natürliche Phase der Neuausrichtung durchlaufen – was gut ist“, mein Acker-Chef Kapon. „Die besten Weine halten sich gut, und reife Jahrgänge in ausgezeichnetem Zustand erzielen wei­terhin höhere Preise.“ Laut Bain-Studie haben edle Weine andere Luxusgüter wie Handtaschen, Schmuck und Uhren in den letzten zehn Jahren mit einer mehr als doppelt so hohen Preissteigerung über­troffen. Edelwein­indizes wie der Liv-ex Champagne 50 und der Liv-ex Italy 100 sind in den zurückliegenden fünf Jahren um 34 Prozent beziehungsweise 20 Prozent gestiegen.

Ein Blick in die Wein-Zukunft Der langfristige Trend, „besser zu trinken“ anstatt „mehr zu trinken“, resultiert in einer stabilen Verbrauchernachfrage nach hochwertigen Trinkerlebnissen. Progno­sen gehen von einem Anstieg des Edel­wein­markts auf ein Gesamtvolumen von 35 bis 40 Milliarden Euro bis 2030 aus, was einer durchschnittlichen jähr­lichen Wachstumsrate von vier bis sechs Prozent ab 2025 entspricht. Verschärfte Han­delsspannungen mit neuen Zöllen für europäische Exporte in die USA könnten allerdings einen Teil dieses prognos­tizierten Wachstums kurzfristig beein­trächtigen. Für Investoren bleibt ohnehin die langfristige Entwicklung im Zentrum der Aufmerksamkeit.  

INFO

Der Markt der Fine Wines

• Die Top-10-Marken in der Edelweinbranche halten gemeinsam 35 Prozent Marktanteil.

• Der Herstellermarkt ist überwiegend westlich geprägt: Europa produzierte 2023 drei Viertel (75 Prozent) der Edelweine.

• 80 Prozent des Konsums pro Jahr entfallen auf Amerika und Europa.

Quelle: „Fine Wines and Restaurants Market ­Monitor“, Bain & Company und Altagamma