Gold mag einmal beliebter, einmal weniger beliebt sein, ganz weg war das Edelmetall im Uhrenbau nie. Tatsächlich feiern Golduhren ein zartes Comeback. Große Manufakturen setzen auf hauseigene Legierungen, die über den Zeitgeist erhaben sind.
Fotos: Hersteller
Selbst wenn sich Edelstahl in der Uhrmacherei spätestens seit Ende der 1970er-Jahre auf breiter Basis durchgesetzt haben mag, gilt speziell in der Haute Horlogerie Goethes Grundsatz: „Zum Golde drängt, am Golde hängt doch alles.“ Auch wenn der Dichterfürst mit Sicherheit nicht die Luxusuhrenbranche im Sinn hatte – die erste Golduhr wurde erst weit nach Goethes Tod dem deutschen Kaiser Wilhelm übergeben –, der warme Glanz des Edelmetalls ist dort gerne gesehen. Oder besser gesagt: wieder gerne gesehen. Denn Golduhren erlebten in den letzten Jahren in allen möglichen Facetten ein zartes Comeback.


Die Mischung macht’s
Außer Frage steht: Hier ist alles Gold, was glänzt. Und dennoch ist in der Haute Horlogerie Gold nicht gleich Gold. Was viele vermutlich nicht wissen: Einige große Marken haben ihre eigenen Edelmetallmischungen in petto. Denn prinzipiell ist reines Gold in 24 Karat zu weich für Schmuck und Zeitmesser. Daher werden für diese Luxusprodukte fast ausschließlich Legierungen verwendet. Das heißt, Gold wird mit anderen Metallen und Materialien vermischt, um seine Strapazierfähigkeit zu erhöhen und um spezielle Färbungen zu erlangen. Bemerkenswert sind jedoch auch seine Korrosionsfestigkeit sowie die weitgehende Beständigkeit gegen Säuren und Sauerstoff. Wie man vielleicht noch aus dem Chemieunterricht weiß.
Goldenes Comeback
Just die Marke, die einst die Edelstahlrevolution mit anführte, hat sich schon vor einiger Zeit von diesem Material verabschiedet und setzt nur noch auf Edelmetalle – neben Platin für allerhöchste Ansprüche vor allem auf Gold. Dennoch war die Verwunderung groß, als Patek Philippe 2021 ankündigte, die Produktion seines Bestsellers, der Nautilus mit der Referenz 5711/1A, der ursprünglichen Stahlvariante dieser Uhren- und Designikone, einzustellen. Man wolle den Golduhren wieder mehr Platz einräumen, hieß es damals. Und sich damit wohl noch viel stärker im Premium-Luxussegment positionieren. Für Uhren (und auch Schmuck) wird 18-karätiges oder 750er-Gold verwendet, eine Legierung mit einem Anteil 18/24 respektive 75 Prozent Feingold, wie es bei Patek heißt.
Je nachdem, was man haben will, werden entsprechende andere Metalle beigemischt: Silber, Nickel, Platin oder auch Palladium für Weißgold zum Beispiel. Dieses könnte man nach weiteren Arbeitsschritten rein optisch mit Edelstahl verwechseln – ideal für Anhänger des „quiet luxury“, möchte man meinen. Um Rot- oder Roségold zu erhalten, wird dem Gold Kupfer hinzugefügt, je mehr, desto stärker ist die rote Färbung. Oftmals wird bei qualitativ hochwertigem Roségold zusätzlich Silber oder Palladium beigemengt – Elemente, die entfärbend wirken und die Dauerhaftigkeit und Beständigkeit des Uhrengehäuses und des -armbands gegenüber äußeren Einwirkungen verbessern.



Reinheitsgebot
Genau das hatte man bei Rolex im Sinn, als man „Everose-Gold“ entwickelte. Der Genfer Uhrenprimus ist schließlich dafür bekannt, keinen L’art-pour-l’art-Ansatz zu verfolgen. Innovationen werden immer dann angestoßen, wenn sie zu einer Qualitätsverbesserung führen. Das gilt bei Kalibern genauso wie Materialien. Everose-Gold wurde 2005 eingeführt. Diese Legierung zeichnet sich vor allem durch ihre Brillanz und Widerstandsfähigkeit aus – dank mindestens 75 Prozent Gold, 20 Prozent Kupfer sowie Palladium und Indium. Die genaue Formel bleibt natürlich ein Geheimnis, aber eine Eigenschaft ist für alle sichtbar: ihr unvergleichlicher und unvergänglicher Farbton namens Aurora. Weil Rolex die Qualität seiner Legierungen genau kontrollieren will, macht man sie kurzerhand in der hauseigenen Gießerei in Plan-les-Ouates in Genf.
Von dort stammt auch das Rolex-typische, einzigartige 18-Karat-Gelbgold. Auf den ersten Blick ist es nicht von jedem anderen Gelbgold zu unterscheiden. Dennoch ist es nur in Submariner, Day-Date, Datejust und Co. zu finden. Man stellt sich die Frage: Warum macht sich Rolex die Mühe, einen derart komplexen und anspruchsvollen industriellen Prozess zu integrieren? „Einfach, weil es die einzige Möglichkeit ist, die Reinheit und Homogenität dieses Goldes bis zum letzten Atom zu garantieren“, heißt es seitens des Unternehmens. Klingt logisch und macht klar, warum die Marke mit der Krone die unangefochtene Königin der Branche ist.
Panerai wiederum beweist mit seiner geschützten Legierung Goldtech, wie eine Kombination von sportlich und elegant aussehen kann. Diese spezielle Mischung wird durch die Kombination von Gold mit mehr Kupfer als bei Standard-Roségold hergestellt. Platin wurde ebenfalls hinzugefügt, um die Stabilität des Materials und der Farbe zu gewährleisten. Das Ergebnis ist ein sehr warmer Farbton. Romantisch Veranlagte erinnert das an einen Sonnenuntergang am Meer. Passt irgendwie für eine Marke, deren Anfänge im nassen Element liegen. Immerhin hat man einst die Kampfschwimmer der italienischen Marine mit Taucheruhren ausgestattet.
Dass sich Gold auch in der Kombination mit unedlen Metallen gut macht, zeigt Rolex mit Rolesor. Entwickelt wurde die Kombination aus Stahl und Gold in den 1930er-Jahren, um Robustheit und Eleganz zu vereinen. Hervorgehoben werden damit die charakteristischen Elemente einer Rolex: Lünette, Armband und Krone.
Strenge Limitierung
Titan und Gold kombiniert Leica bei der ZM1 Gold Limited Edition. Nur 50 Stück hat der legendäre Kamerahersteller, der erst seit Kurzem im Uhrenbusiness tätig ist, aber schon einige Erfolge feiern durfte, von diesem edlen Zeitmesser aufgelegt. Die Uhr verkörpert letztendlich das Bekenntnis zu ikonischem Design und exquisiter Uhrmacherkunst – und das verleiht ihr gleichzeitig einen Hauch von Luxus. Fun Fact: Die Uhr ist eine moderne Hommage an die erste Leica-Kamera aus Gold – die Leica I Model A Luxus, die 1929 eingeführt wurde.
Tradition trifft Innovation Was die Kombination von Gold mit anderen Materialien betrifft, geht Norqain noch einen Schritt weiter. Die Marke, die sich trotz ihrer kurzen Historie schon gut auf dem Markt etabliert hat, setzt bei ihren Modellen zwar auf Stahl und ein eigens entwickeltes, ultrarobustes und ultraleichtes Karbonfasermaterial namens Norteq. Vergoldet aber auch gerne mal ganz exklusive Modelle. So ist die Wild One Gold, die streng limitiert ist, das erste Modell dieser Linie mit einem Gehäuseoberteil aus massivem 18-karätigem Gold. Wobei der untere Teil aus Norteq besteht: Tradition und Innovation in schönster Harmonie sozusagen. Norqain bezieht sein Gold bei seinem Schweizer Partner PX Group: Es ist frei von Quecksilber, hat eine transparente Lieferkette und stammt aus handwerklichem Bergbau.