Angesichts möglicher Korrekturen an den Börsen raten die Experten der Fondsbranche größtenteils zu aktiv gemanagten Fonds. Denn nur diese könnten auf Gewitterwolken an den Finanzmärkten reagieren und ruhig durch die Gemengelage navigieren.
Text: Christa Grünberg
Zuletzt hat die Nervosität bei Investoren zugenommen. Einige der Gründe dafür waren der zum Stillstand gekommene weltweite Rückgang der Inflationsraten und die schwindende Hoffnung auf frühe Zinssenkungen, vor allem in den USA. Mittel- und langfristig ist allerdings die Mehrheit der hier befragten Fondshäuser und Vermögensverwalter weiterhin freundlich gestimmt, wenige würden allenfalls Feinadjustierungen in den Portfolios vornehmen.
Geopolitische Risiken bleiben
Raiffeisen Capital Management befürwortet eine langfristige Anlagestrategie, die den Risikoappetit des Anlegers widerspiegelt und nicht auf Basis von Markteinschätzungen abgeändert werden sollte. „Kurzfristig kann allenfalls eine taktische Feinjustierung vorgenommen werden. In diesem Zusammenhang haben wir aktuell eine sogenannte ,Übergewichtung‘ in Aktien. Das bedeutet, dass wir in gemischten Portfolios relativ zur langfristigen Strategie eine etwas erhöhte Aktiengewichtung halten“, sagt CEO Hannes Cizek. Aufgrund der positiven Perspektive und um eine gute Streuung zu gewährleisten, empfiehlt Cizek eine Reihe von nachhaltigen Fonds, darunter den Raiffeisen-GlobalDividend-ESG-Aktien, den Raiffeisen-HighTech-ESG-Aktien oder den Raiffeisen-Nachhaltigkeit-Rent.
Kim Catechis, Investmentstratege im Franklin Templeton Institute, findet derzeit die Markterwartungen für Wachstum, Inflation und Geldpolitik ausgewogener und weitgehend angemessen. „Nachdem die Unternehmensgewinne über weite Strecken des Jahres 2023 rückläufig waren, steigen sie nun wieder an und übertreffen im Allgemeinen die Erwartungen. Dementsprechend sind die Aktienmärkte trotz einer gewissen Inflationsstarrheit gut unterstützt und bewegen sich in einigen Fällen in der Nähe von Allzeithochs.“ Als Hauptrisiken nennt Catechis geopolitische Schocks, unerwartete Inflationsanstiege, eine plötzliche Verlangsamung der Endnachfrage sowie die US-Präsidentschaftswahlen.
Carsten Roemheld, Kapitalmarktstratege bei Fidelity International, erkennt zwar neue Unsicherheitsfaktoren am Markt, wie etwa die noch brisanter gewordene geopolitische Lage im Nahen Osten, wagt dennoch keine Trendumkehrprognose. „Aber eine Korrektur wäre durchaus denkbar, nachdem die Märkte in der letzten Zeit nur eine Richtung kannten und speziell in den USA schon Bewertungskriterien erreicht haben, die deutlich über das hinausgehen, was für den Gesamtmarkt historisch adäquat ist.“ Trotz eines mittelfristig günstigen Umfelds für Risikoanlagen wurde daher mit Blick auf das zweite Halbjahr die Aktienübergewichtung auf Neutral reduziert.



Ausgesuchte Themenfonds
Jupiter Asset Management rät zu breiter Streuung: „Wir glauben, dass man in der derzeitigen Situation insbesondere mit aktiven und unabhängigen Strategien am besten gewappnet ist“, meint Daniel Blum, Vertriebsdirektor Österreich, und schlägt auf der Aktienseite z. B. den Jupiter Asia Pacific Income Fund und den Jupiter India Select vor, risikofreudigeren Investoren könnte der Jupiter Gold & Silver Fund gefallen mit dem Thema Rohstoffe als potenziell diversifizierendem Baustein.
DNB Asset Management setzt als nordische Alpha-Boutique auf Skandinavien und Island: „Insgesamt zeichnen sich die nordischen Länder durch ein hohes Wirtschaftswachstum, ein robustes Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukt und politische Stabilität aus. Diese Mischung ist für börsennotierte Gesellschaften ideal, um sich zu entfalten. Nicht umsonst hat die Region über die Jahre beeindruckende Aktienrenditen erzielt. Der MSCI Nordic hat in den vergangenen 20 Jahren deutlich besser performt als der MSCI World und der MSCI Europe“, erklärt Malte Kirchner, Head of German-speaking Europe. Darüber hinaus baut man auf Megatrends wie etwa erneuerbare Energien und den Ausbau von Rechenzentren durch den verstärkten Nutzen von KI. Themenfonds sind daher die Lösung. „Zwei unserer erfolgreichsten sind der DNB Fund – Renewable Energy, der bereits sechsmal die höchste Auszeichnung des FNG-Siegels erhalten hat, und der DNB Fund – Technology mit bemerkenswerter durchschnittlicher Rendite von 18 Prozent per anno.“
Im Fokus von Franklin Templeton bleibt der Klimawandel. Daher ist der Templeton Climate Change Fund, mittlerweile einer der größten Klimawandel-Fonds, die erste Wahl von Karl Banyai, Sales Director Franklin Templeton Austria GmbH. Als spannenden Aktienmarkt hat Franklin Templeton Indien auserkoren, ein Land mit solidem BIP-Wachstum und anwachsender Mittelklasse, Faktoren, welche die Unternehmensgewinne und die Ausweitung des Konsumgütermarkts unterstützen. Der Franklin India Fund setzt eine preisgekrönte Strategie um und arbeitet mit einem der größten India-Equity-Teams der globalen Vermögensverwalter.
Neben dem Fidelity Funds – Global Technology Fund A-EUR, den Aktienmärkten Indien und USA, hat Fidelity International außerdem die oft unterschätzte Wirtschaftsgroßmacht Japan im Blick. „Der Aktienmarkt dort boomt wie seit über 30 Jahren nicht mehr. Allein im letzten Jahr legte der japanische Aktienindex Nikkei 225 um mehr als 30 Prozent zu und hat inzwischen ein Rekordhoch erreicht. Kurios ist jedoch, dass sich diese erfolgreiche Performance kaum mit der Entwicklung der Realwirtschaft erklären lässt. Diese Divergenz könnte die Währungshüter von allzu drastischen Zinsschritten abhalten. Dennoch erscheint Japans Börse vor dem Hintergrund langjähriger struktureller Verbesserungen weiterhin interessant“, erörtert Roemheld und bringt den Fidelity Funds – Japan Growth Fund Y-ACC-EUR (hedged) aufs Tapet, der nach Wachstumstiteln zum vernünftigen Preis sucht.
Alternativer Ansatz
Die Fondsboutique Comgest investiert als Aktienmanager nach dem Bottom-up-Prinzip und sucht nach Qualitätswachstumsunternehmen, die, etwa mit Preissetzungsmacht und hohen Bruttomargen, den Gegenwind aus dem Umfeld überstehen können. Weil man auf Wachstum achtet, das durch Faktoren untermauert wird, die von den Unternehmen kontrolliert werden, sind diese bis zu einem gewissen Grad von kurzfristigen makroökonomischen Einflüssen – wie Inflation, Zinsänderungen und Konjunkturabschwächungen – abgekoppelt. Für Investor Relations Manager Gerald Pistracher lohnt es sich dabei, auf die „altmodisch“ scheinenden europäischen Unternehmen zu blicken. „Unternehmen, die ein so stabiles Geschäftsmodell haben, dass sie über Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte Erfolg haben und sich trotzdem ständig neu mit Innovationen erfinden, gefallen uns als Quality Growth Investor so gut, dass wir hierfür eigens einen Fonds aufgelegt haben: den Comgest Growth Europe Compounders. Das Ziel ist, in ausgewählte europäische Compounder-Aktien, auch Marathonläufer genannt, zu investieren, sie dauerhaft zu halten, im Schnitt sogar über zehn Jahre, und den Zinseszins einfach für uns arbeiten zu lassen.“



Individuelles Profil entscheidend
Vermögensverwalter Flossbach von Storch schaut ebenfalls nicht auf Regionen oder Branchen, sondern zuallererst auf das einzelne Unternehmen, die Qualität seines Geschäftsmodells. Da laut Roland Sinkovits, Manager Fund Sales Austria, kein Investor um das Thema Aktien herumkommt, wenn der langfristige Erhalt der Kaufkraft im Vordergrund steht, biete sich der Flossbach von Storch – Multiple Opportunities II an, ein sehr flexibler Multi-Asset-Fonds, der zur Beimischung auf nicht physisches Gold setzt. Wer nach Bausteinen für die Vermögensaufteilung sucht, für den könnten Flossbach von Storch – Global Quality und – Bonds Opportunities geeignete Instrumente sein. Ersterer ist ein reiner Aktienfonds, der weltweit in ausgezeichnete Unternehmen veranlagt, Letzterer ein sehr flexibler und opportunistischer Anleihefonds. Wobei, selbst Flexibilität hat ihre Grenzen: „Grundsätzlich sollte eine Anlagestrategie zum jeweiligen Anleger passen, zu dessen Anlagezielen, seiner Risikotragfähigkeit und dem Anlagehorizont. Es sollte also nicht darum gehen, die Anlegestrategie streng an einzelnen Marktphasen auszurichten. Flexibilität ist wichtig, ja, auch für uns, sie darf aber nicht zu Aktionismus führen“, gibt Sinkovits zu bedenken.